Streuobst – ein Paradies für Insekten

Streuobstwiesen gehören zur Kulturlandschaft Thüringens – doch ihr Bestand ist bedroht. Das Wissen um die richtige Pflege ist verloren gegangen und es fehlt das Geld, diese Arbeit zu bezahlen. Nur noch in Ausnahmefällen werden Streuobstwiesen ökonomisch rentabel betrieben. So vergreisen die Bäume, der Ertrag und die Fruchtqualität sinken. Schlussendlich erreichen viele dieser ungepflegte Bäume kein hohes Alter, obwohl just diese Altbäume sehr zum hohen ökologischen Wert beitragen könnten. In Thüringen, startete im Jahr 2021 unser Projekt, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Unser Projekt: Bewertung und Sanierung von Streuobstbeständen

Auf 29 Flächen, in elf Landkrisen und mit einer Gesamtflächen von 20 Hektar geht es in diesem Projekt ganz praktisch um die Erfassung, Bewertung und Sanierung von alten Streuobstbeständen. Dazu arbeiten wir Hand in Hand mit Flächeneigentümer:innen und Streuobstverwerter:innen.Ein besonderes Augenmerk liegt auf Flächen, für die eine langfristige Pflege bereits gesichert ist, wo wir die Verantwortlichen mit einer punktuellen Hilfe sinnvoll unterstützen und auf diese Weise langfristig Streuobstwiesen und ihre Nutzung erhalten können!

Zuerst haben wir geeignete Flächen anhand anhand spezifischer Kriterien ausgewählt und ihre Bäume kartiert. Wir kategorisieren die Bäume dabei nach den Vorhaben des Thüringer Handlungskonzeptes in Erziehungs-, Umstellungs-, Erhaltungs-, Verjüngungs- und Entlastungsschnitt. Auf diese Weise wird auch die Vitalität, das jeweilige Pflegeziel und die Pflegemaßnahme bestimmt.

Im Zuge dieses Projektes haben wir bisher etwa 3600 Bäume kartiert und 1500 Bäume bewertet. Obwohl ein Großteil der Bäume klare Zeichen von Vitalität hat (etwa 80% der Bäume) so sind doch etwa ein Drittel aller Bäume in einem so fortgeschrittenen Alter und so schlechten Zustand, dass nur noch Entlastungsschnitte in Frage kommen. Entlastungsschnitte sollen verhindern, dass die Bäume frühzeitig auseinander brechen. Sie verzögern das Absterben eines Baumes, haben aber nicht mehr zum Ziel, gesunde und produktive Kronen aufzubauen oder zu erhalten.

Die Bäume sind in einem schlechten Zustand

Die Gründe für den schlechten Zustand vieler Streuobstbäume sind vielfältig. Zum einen ist da der Befall mit Schädlingen: die Laubholzmistel breitet sich in Apfelbäume aus und profitiert von mangelnder Baumpflege und milden Wintern. Der schwarze Rindenbrand und der Obstbaumsplintholzkäfer profitieren vom Trockenstress der Bäume, der sich über die Dürre der letzten Jahre angesammelt hat. Außerdem haben fast 70% aller Bäume, die wir sehen, erhebliche Wunden an den Stämmen. Sie sind die Folge von Anfahrschäden, Verbiss oder unsachgemäßer Pflege und bieten ein Einfallstor für die Holzfäule, die in vielen Fällen dazu führt, das ein Baum schlussendlich umkippt.

So kann die Zukunft gelingen

Neben der Altbaumpflege ist es besonders wichtig, neue Obstbäume zu pflanzen. Aus dem reichen Schatz der Obstarten und -sorten versuchen wir dabei genau die Bäume ausfindig zu machen, die den Anliegen vor Ort gerecht werden: Soll es ein früher oder später Apfel sein? Welche Krankheiten könnten auf dieser Fläche ein Problem werden, welche Resistenzen braucht es also? Gibt es eine Gefahr von Spätfrösten? Passen eher große oder eher kleine Kronen in den Betriebsablauf? Wie soll der Ertrag genutzt werden? Neben der Sortenwahl versuchen wir über andere Methoden beim Pflanzen den jungen Bäumen einen möglichst guten Start ins Leben zu ermöglichen. Aber bei den aktuellen Temperaturentwicklungen und dem mageren Regen bleibt eines die ersten Jahre nicht aus: regelmäßiges Gießen!

Das Förderprojekt läuft noch bis Ende 2023. Wir werden bis dahin etwa 1200 Bäume geschnitten und 220 Bäume gepflanzt haben. Dabei bereichert uns die Zusammenarbeit nicht nur auf den Flächen selbst, mit Eigentümer:innen und anderen Beteiligten, sondern auch im überregionalen Streuobstnetzwerk.

Mit ihrer Ober- und Unternutzung, mit dem Zusammendenken von naturschutzfachlichen und landwirtschaftlichen Aspekt stehen Streuobstwiesen für eine gelungene Zusammenarbeit von Menschen mit verschiedenen Perspektiven!

Projektüberblick

  • Förderung: Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (Sonderfond Insektenschutz)
  • Projektlaufzeit: Juni 2021 bis Dezember 2023
  • Projektmitarbeiter:innen: Anett Roßberg, Johannes Loer
  • Kontakt: streuobst[at]abl-ev.de